Ich habe auf Englisch einen Artikel geschrieben, der betont, dass es wichtig ist, den Mist, den wir bauen, auch anzuschauen: Mess up your tarot. Ich habe ihn noch nicht ganz auf Deutsch übersetzt. … Artikel auf Englisch lesen …
Vorläufige Übersetzung (in Arbeit):
Ich glaube, meine Tarot-Praxis ist vielleicht zu sauber. Zu heilig, zu spirituell, einfach zu makellos. Ich muss aufpassen, dass ich nicht die anderen wichtigen Seiten meines Lebens übersehe: die dreckigen, chaotischen, materiellen, abstoßenden, peinlichen, und ekligen Aspekte. Ich habe viele Seiten an mir, die ich nicht mag – und eine ausgeglichene spirituelle Sichtweise sollte auch das berücksichtigen. Es liegt wohl in meiner Kultur – vielleicht sogar in meiner Psyche – nur die schönen, ordentlichen Teile von mir zu schätzen und deshalb eine ebenso schöne, ordentliche, aber aufgesetzte Deutung des edlen Tarots zu bevorzugen.
Wenn ich mir die perfekten Tarot-Sammlungen auf YouTube oder anderen sozialen Medien ansehe, merke ich, dass ich vielleicht doch nicht so ein penibler Tarot-Typ bin. Meine Karten liegen verstreut in Schubladen, Regalen, Kisten und Kellern – eine ungeordnete, formlose Sammlung, die ich über drei Jahrzehnte in mehreren Häusern und Städten angehäuft habe. Viele meiner Decks sind in wiederverschließbaren Plastikbeuteln, weil ich die originalen Schachteln verloren oder beschädigt habe. Absolut nicht vorzeigbar – ähnlich wie mein echtes Leben, in dem vieles in dunklen Ecken gestopft ist und eigentlich nur noch am seidenen Faden hängt.
In meiner Jugend habe ich oft David Baerwalds Album Triage von 1992 gehört, und das Lied A Bitter Tree beschreibt, wie unordentlich Kartenleger werden können:
Ich trinke zwar nicht, aber ich habe schon oft Tarotkarten wahllos in meiner Umgebung verstreut.
Mein Tarot ist zu vornehm
Einerseits ist Tarot heutzutage günstig und leicht verfügbar. Es ist nicht mehr was Besonderes. Das ist gut.
Andererseits sind die Karten immer wertvoller geworden: atemberaubende Illustrationen von professionellen Künstlern, von professionellen Designern produziert, mit Goldschnitt, in prächtigen Schachteln, aufwendig gedruckt; Sammlerstücke. Und das ist auch in Ordnung, denn es zeigt, dass Tarot Teil unserer Kultur ist – einer oberflächlichen, konsumorientierten Kultur.